Das Drachenbootteam geht beinahe baden
Am 29.11.22, konnten die Rhein Neckar Dragons mit Partnern und Freunden wieder an ihre langjährige Tradition einer Herbstwanderung in der Pfalz anknüpfen.
Gesucht wurden wie immer Esskastanien, die ‚Keschde‘, entlang schöner Wanderwege, aber auch deftiges Essen und ortsübliche Getränke auf den Hütten des Pfälzer Waldes.
Unser Treffpunkt hieß Gleisweiler Mitte, um ganz genau zu sein, der Parkplatz am Feuerwehrhaus. Das beschauliche Gleisweiler ist ein staatlich anerkannter Erholungsort und hat eine Einwohnerzahl von wenigen Hunderten von Menschen. Also einfach am Ortseingangsschild abbremsen, das Auto noch ein paar Meter nach rechts die Weinstraße hochrollen lassen – und schon war man angekommen.
12 Wanderer wollten den Tag gemeinsam wandernd, plaudernd und schlemmend verbringen: Angelika und Christian, Astrid, Beate, Dirk und Sugarka, Gerda und Jojo, Günther, Harald, Lucie und Veli..
Der erste Blick streifte vom leicht erhöht liegenden Parkplatz über das gelb-bräunliche Herbstlaub der Reben hinunter in die noch diesige Rheinebene, die vom Saharastaub merkwürdig ockerfarben getönt war. Man ahnte die Umrisse des Schwarzwaldes mehr, als dass man sie sehen konnte.
Auf der anderen Seite des Parkplatzes grüßte die alte Pfalz mit einem Leiterwagen für ein Doppelgespann von Pferden. Portugiesische Glanzmispeln, Geranien und andere Pflanzen sprossen aus Bütten und Blumenkübeln auf der Ladefläche. Neben der Deichsel waren die Waagen, die Vorrichtungen zum Einspannen der Pferde, noch befestigt. Die Szene mutete an, als könne es gleich jeden Moment wieder mit Ross und Furhwerk losgehen.
Das milde Klima der Pfalz ließ sich an diesem Morgen gleich dreimal erkennen: unser optimistischer Wanderführer Günther trug kurze Hosen, das Thermometer zeigte um 11 Uhr schon 18 Grad an und im Garten gegenüber stand ein veritabler Mammutbaum oder Sequoia, der sich fernab seiner westkalifornischen Heimat auch in der Kurpfalz wohlfühlt. Später sollten wir noch weitere Exemplare dieser Giganten entdecken.
Durch den traditionellen und schmucken Winzerort mit seinen vielen Sandsteingebäuden und mit Geranien geschmückten Fenstern ging es bergauf zur ‚Privatklinik Bad Gleisweiler‘, wie uns ein Schild beschied. Dort fanden wir einen wunderschön angelegten Blumenpark mit weiteren Baumriesen und vielen Kunstobjekten.
Gleich danach stießen wir auf die stattliche Friedenseiche. Sie wurde am 5. März 1871 gepflanzt, um an den Sieg über Kaiser Napoleon III im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und die darauf folgende Gründung des Deutschen Reiches zu erinnern. Man hoffte damals auf friedlichere Zeiten, deshalb wurden in vielen Orten Sieges- und Friedensdenkmäler errichtet oder Friedensbäume gepflanzt (Quelle: Schild des Pfälzerwaldvereins Gleisweiler e.V.). Angesichts des erbarmungslosen Krieges gegen die Ukraine verharrte so mancher Wanderer vor dem ehrwürdigen Baum. Er, der in der Hoffnung auf einen anhaltenden Frieden gepflanzt worden war, wurde in den gut 150 Jahren seines bisherigen Lebens leider mit weiteren Kriegen, Not und Elend konfrontiert.
Das Tal weiter hinauf und in den Laubwald hinein zogen wir, das gefallene Laub mit den Füßen in die Luft wirbelnd, zum nächsten Höhepunkt unserer Wanderung. Die historische Walddusche am Hainbach erwies sich als lokales Kuriosum, das einen Zeitgeist erkennen ließ, dem wir heute nicht mehr so ganz folgen können und wollen. Die Walddusche war Bestandteil der ‚Kaltwasserheilanstalt Bad Gleisweiler‘, einer Heilanstalt zur „Behandlung jeder Art chronischer Erkrankungen“. Die Patienten wurden mit Pferdewagen und Kutschen in den Wald gebracht (vielleicht sogar mit unserem Leiterwagen vom Parkplatz?). „Je nach Krankheitsfall waren an der Walddusche unterschiedliche Anwendungen möglich … Eine Bademeisterin soll allmorgendlich zähneklappernden Patienten Mut gemacht haben, indem sie bei einer Wassertemperatur von 11 – 12 Grad grundsätzlich als Erste unter die Dusche ging.“ Die Dragons sind ja nun als taffe Wassersportler den Kontakt mit dem nassen Element gewohnt und natürlich wären wir dort gerne baden gegangen. Da aber niemand Badesachen dabei hatte und die motivierende Bademeisterin heute auch nicht zur Stelle war, verzichtete mann und frau auf die Ganzkörperdusche und begnügte sich mit einem kühlenden Handbad. Wenn sie aber dagewesen wäre, die Bademeisterin, ja dann wären wir auf jeden Fall alle unter die eisige Dusche gegangen. Naja, ganz bestimmt vielleicht unter Umständen möglicherweise sicherlich dann halt beim nächsten Mal…
Auf schönen Wanderwegen zogen wir durch den Laubwald der Eichen und Esskastanien, deren Früchte wir auf dem Boden zwischen den gefallenen Blättern unter unseren Füßen spürten, wenn wir mit unseren Schuhen auf ihnen ins Rollen und Rutschen kamen. Wir erreichten zur Mittagsessenszeit die Landauer Hütte am Zimmerplatz, bewirtet vom Pfälzerwaldverein, der schon seit 1903 Wanderer empfängt und stärkt. Die erste Erfrischung stach uns auf einem handbeschriebenen Pappkuchenteller ins Auge: „Sekt-Orange mit Alkohol / alkoholfrei 0,5 l für 5,- Euro“. Wie es scheint, wird in der Pfalz auch Sekt-Orange im Einheitsmaß des Halbliterschoppenglases gereicht. Die hier waren aber nicht wie erwartet Dubbegläser, sondern glattwandig. Ob sich das auf den Geschmack von Sekt-Orange auswirkt, vermag der Chronist nicht zu berichten. Es gab Kastanien- und Kürbissuppe, Saumagen, Bratwurst, Zwiebel- und Flammkuchen, Kartoffelsalat, Handkäs mit Musik, hausgemachte Kuchen und andere deftige Pfälzer Leckereien zur Auswahl.
Auf dem folgenden Kunstwanderweg begegneten wir geschnitzten Eulen, einem Wurm mit ausgemalten weißen Augen, einem Geißbock mit Menschengesicht, einem langbärtigen Herrn mit Mütze, einer grell rotlippigen Dame, die aus einem Baumstamm herauswuchs, einer Schildkröte mit Stachelrücken, noch ‘nem Langbärtigen mit Hut und einem weiblichen Wesen mit Umhang (so eine Art halbnackte Fee mit Feigenblatt). Wahrscheinlich haben wir einige der zum Teil gut versteckten Kunstwerke gar nicht entdeckt. Sie werden neben dem Weg eins mit dem sie umgebenden Wald.
550 m ü. M. erreichten wir die Trifelsblick Hütte, erbaut 1971 vom Pfälzerwaldverein Gleisweiler. Die Toilette haben sie damals wohl zeitgleich in den Wald unterhalb der Hütte gebaut, zur Renovierung des Plumpsklos scheint es seit damals noch nicht gekommen zu sein. Die Wasserspülung erfolgte mit den bereitstehenden Gießkannen. Das Örtchen war unzweifelhaft auf Nachhaltigkeit ausgelegt, besonders nachdrücklich war der Erfolg unter olfaktorischen Aspekten zu verbuchen. Dementsprechend wurde meine Frage nach den Toiletten vom angesprochen Wanderer mit den Worten „immer der Nos noch“ quittiert. Und der Mann hatte recht!
Nachdem wir den freien Blick auf die Reichsburg Trifels und den Ort Annweiler ausgiebig genossen und uns bei Kaffee und Kuchen erneut gestärkt hatten, machten sich die Dragons beschwingt auf den Rückweg nach Gleisweiler Mitte. Man verabschiedete sich freundschaftlich, lobte die schöne Wanderung, freute sich über den gelungen Tag bei bestem Wetter und milden Temperaturen und bedankte sich bei den Organisatoren Lucie und Günther noch einmal sehr herzlich. Die beiden hatten einen wesentlichen Anteil an dem Erfolg des Tages. Das habt ihr prima hingekriegt!
Ein paar besonders Ausdauernde brachen dann noch nach Birkweiler zum Siener – Wein – Gut – Ausschank auf, um sich bei einem Abendbrot beim Sonnenuntergang gütlich zu tun. Der aufziehende Abend und die jetzt doch bemerkbare Kühle führten zum gemeinsamen Aufbruch zurück in die Rheinebene, unserem Zuhause.
Mein Handy dokumentierte am Abend 20.762 Schritte. Das waren 14,5 km herbstlicher Pfälzer Wald – Genuss pur.